Neu: Lebenslauf zum Hören

Einen kurzen Überblick über das Leben von Joseph Wittig zum Hören erhalten Sie in einem Beitrag, den Radio Vatikan am 01. März 2009 mit dem Titel "Joseph Wittig - Beweger seiner Zeit" (4MB) anlässlich des 130. Geburtstags von Joseph Wittig sendete.
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Ein Lebenlauf zusammengestellt von Siegfried Kleymann:

Joseph Wittig wurde am 22.1.1879 in Neusorge / Grafschaft Glatz als sechstes Kind des Zimmermanns Eduard Wittig und seiner Frau Johanna geb. Strangfeld geboren.

Ab 1893 besuchte er das Matthias-Gymnasium in Breslau. Nach der Reifeprüfung begann er 1899 das Studium der Theologie, das er 1903 mit der Promotion zum Doktor der Theologie über Papst Damasus I. abschloß. Im Juni 1903 wurde er in der Breslauer Kreuzkirche zum Priester geweiht und war danach als Kaplan in Lauban tätig. Nach 14 Monaten unterbrach er seine seelsorgerische Tätigkeit, um 1904 für zwei Jahre ein weiteres Studium in Rom am deutschen Kolleg Campo Santo über christliche Archäologie und frühchristliche Kunst aufzunehmen.

Nach der Rückkehr aus Rom wurde er Kaplan erst in Patschkau, dann in Breslau bei St. Maria auf dem Sande. 1909 begann er seine Universitätslaufbahn und wurde 1911 zum außerordentlichen Professor, 1915 dann zum ordentlichen Professor für Kirchengeschichte, Patrologie und kirchliche Kunst an der Theologischen Fakultät der Universität Breslau ernannt.

Neben anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen gab er das Lehrbuch der Patrologie neu heraus. Religiöse Schriftstellerei machte ihn in weiten Kreisen bekannt. 1922 erregte sein Hochland-Aufsatz "Die Erlösten", in dem er die offizielle kirchliche Auslegung der Sünde und Beichte kritisierte, in ganz Deutschland Aufsehen und führte zu Protest der vorgesetzten kirchlichen Behörde. Sein "Herrgottswissen", "Kirche im Waldwinkel" und "Das Leben Jesu in Schlesien, Palästina und anderswo" wurden trotzdem von katholischen und protestantischen Lesern begeistert aufgenommen. Aber die Auseinandersetzungen mit der Amtskirche führten schließlich zur Indizierung vieler seiner Schriften und nach der Beurlaubung an der Universität schließlich auch zur Exkommunikation im Jahre 1926.

Joseph Wittig kehrte in die Grafschaft Glatz zurück und legte den Grundstein für ein eigenes Haus in Neusorge. 1927 heiratete er Bianca Geisler, Tochter des Bürgermeisters von Habelschwerdt. Sie zogen drei Kinder groß: Johannes Raphael, Bianca Maria und Christoph Michael.

Der Breslauer Theologie-Professor lebte nun als freier Gelehrter in Neusorge. Trotz der Ausschließung aus der Kirchengemeinschaft blieb er der katholischen Kirche treu. In den Jahren bis 1943 hielt er Vorträge im protestantischen Raum, vor allem in Norddeutschland.

Seine theologische Tätigkeit drückte sich außer im schriftstellerischen Schaffen in einem umfangreichen Briefwechsel und in vielen Vorlesungen aus. Wittig bekam etwa 20000 Briefe, die meisten davon hat er beantwortet. Er führte einen Meinungsaustausch unter anderem mit dem Juristen und Soziologen Eugen Rosenstock-Huessy und dem Heidelberger Neurologen Viktor von Weizsäcker. Er unterhielt auch Beziehungen mit dem jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber.

1946 wurde Joseph Wittig von der Exkommunikation befreit und in die Kirche wiederaufgenommen. Die Freude darüber wurde jedoch durch die Ausweisung aus dem Glatzer Land verhüllt. Nach einigen Monaten in Altena (Westfalen) fand die Familie Wittig eine Heimat in Göhrde in der Lüneburger Heide.

Kurz vor dem Umzug nach Meschede im Sauerland starb er am 22.8.1949 an einem Herzinfarkt. Der Mescheder Friedhof wurde seine letzte Ruhestätte.